27 Januar 2008

Perspektivenwechsel

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Von Ost nach West durch München Nord

München Nord ist eine Gegend, in die man den touristischen Besucher eher nicht zum Sightseeing schleppen würde. Ich selber kenne eigentlich diese Gegend recht gut. Würde ich behaupten. Allerdings komme ich sonst eher per Auto durch oder auch mal mit Bus und Bahn. Mit dem Rad nur selten und zu Fuß bisher noch nie. Aber zu Fuß begibt man sich auch in Ecken und Eckchen, die einem ansonsten verborgen bleiben und deshalb genieße ich den heutigen Lauf sehr. Wieder das Gefühl, der Stadt, in der ich wohne, ein bisschen näher gekommen zu sein.

Der Anlass für den Lauf war, dass ich im Stadteil Moosach etwas abholen wollte. Straßenstrecke über den Frankfurter Ring: 15 Kilometer. Und zu Fuß durch die Wohngebiete dürfte auch nicht viel weiter sein. Eine gute Strecke für den Sonntag und ich trabte los.

Zunächst - und hier ist es noch bekanntes Laufgebiet - runter in den nördlichen Teil des Englischen Gartens, beim Biergarten "Aumeister" wieder raus und durch die "Studentenstadt".

Von den "Wohnwürfeln" war zeitweise in der Presse viel zu lesen. Gesehen und geknippst (siehe Bild oben) habe ich sie heute zum ersten Mal. Sind die Dinger winzig! (6 m² Wohnfläche) und in jedem von ihnen haust jeweils ein/e Studierende/r.



Von der Domagkstraße: die "HighLight Towers" aus ungewohnter Perspektive. Sie wurden und werden - wie alle Hochhäuser Münchens - von vielen stark kritisiert. Aber ich muss sagen: optisch gefallen sie mir eigentlich ziemlich gut. Und ich gehöre zu denen, die nichts dagegen haben, wenn in die Höhe gebaut wird. Immer noch besser als die entsprechende Fläche in der Ebene zuzubetonieren.



Es ist ein ganz ungewöhnliche Mischung aus unterschiedlichsten Eindrücken entlang des Weges. Viel trister Massenwohnbau, Gewerbegebiete, Industrieflächen, große Neubauten-Areale. Und dann plötzlich taucht man wie aus dem Nichts kommend in irgendwelche scheinbar über viele Jahre gewachsenen Wohngegenden ein. Mit streckenweise hübschen Ansichten, netten Sträßlein und Plätzen und gehobenem Wohnambiente. Diese "Inseln" sieht man vom Auto aus nie. Dazu muss man sich in Seitenwege hineinbegeben.


Der Olympiaturm wird aus diesem Blickwinkel geradezu verschluckt von den Randgebäuden des Olympiadorfes.


Ein riesiges Areal, durch das ich mitten hindurch laufe und in dem ich mich tatsächlich ein paarmal etwas verfranse. Richtig verlaufen geht aber nicht - die grobe Richtung steht immer fest. Eigentlich hatte ich einen Kartenausschnitt mitnehmen wollen weil ich mich spätestens ab hier gar nicht mehr auskenne und eben nur noch grob weiß, wie ich dort ankommen könnte, wo ich hinwill. Habe die Karte aber vergessen und vertraue nun darauf, dass die groben SichtAnker immer zu sehen sind. Ein paar ungewollte Schlenker baue ich aber schon hier in den Weg ein und aus den geplanten ca. 2 Stunden wird es wohl nix werden. Fotografieren muss ich ja auch noch ;-)





Kaum lasse ich das Olympiadorf hinter mir, habe ich einen reizvollen Blick auf das Olympia-Stadiongelände. Das ich übrigens ebenfalls ungeheuer ästhetisch finde. Habe ich irgendwann gesagt, München Nord wäre häßlich? Aber woher denn - es ist nur ein bisschen "anders" :-)




Auch der von O2 genutzte "Vierkantbolzen" - offizieller Name: "Uptown München" hat in meinen Augen was. Soll aber für die Büromitarbeiter eine klimatische Katastrophe darstellen. Wurde mir zumindest mal erzählt.


Kurz danach habe ich das Olympia-Einkaufszentrum passiert und suche die direkte Verbindung zu dem von mir aufzusuchenden Teil Moosachs. In Erinnerung habe ich eine zumindest fuß- und radtaugliche Direktverbindung. Muss ich nur noch den "Einstieg" finden. Lande dummerweise immer auf irgendwelchen ausufernd großen Park- und Anlieferplätzen von Firmen und Großgeschäften. Und die enden an hohen und komplett geschlossenen Metallzäunen. Sackgasse also. Als ich zum dritte Mal auf den Haupteingang des Olympia-Einkaufszentrums gucke, beschließe ich, doch auf Nummer sicher zu gehen und die Straßenverbindung entlanzulaufen. Ist zwar - so habe ich es in Erinnerung - etwas weiter. Aber vermutlich immer noch kürzer, als auch noch den letzten Großhandels-Hinterhof zu umrunden.

Bevor ich aber weiterlaufe, betrete ich die direkt in meinem Rücken befindliche McD-Filiale. Bei den ersten beiden Passagen noch ignoriert, stelle ich jetzt fest, dass ich nach 2 Stunden laufen bei starkem Wind - den ich bisher zwar nicht erwähnt habe, der aber durchaus stetig, lästig und gelegentlich beängstigend alle möglichen Gegenstände durch die Luft wirbeln lassend blies - einen wahnsinnigen Durst hatte. Geld steckte ebenfalls im Bauchtäschchen und so betrat ich den fast leeren Laden mit dem Gedanken, wie gut ein warmer Tee oder ein klares Wasser täte. Höre mich also völlig konsequenterweise Sekunden später sagen: "Eine kleine Cola hätt' ich gerne". Nagut - der Körper sagt bekanntlich was er will. Er will Cola - akzeptiert, augetrunken und *Aaaaahhhh* tut wirklich gut!



Und wieder schließt direkt an das Gelände mit Gewerbegebieten, Einkaufshallen und riesigen Durchgangsstraßen eine Gegend an, von der man denken könnte, sie wäre vor ein paar Jahrzehnten irgendwo in einem versteckt dörflichen Winkel Bayerns vergessen worden.



Lediglich der Umstand, dass überall massenhaft Autos parken verrät deutlich: wir befinden uns in einem sehr dicht besiedelten Randteil einer Großstadt oder eines großen Dorfes ... naja ... von München eben ...

Kurz darauf bin ich da, wo ich hinwollte. Problemlos auch von ungewohntem Anweg her gefunden, das winzige Sträßchen. Zurück kann ich mit dem Auto fahren. Das war es nämlich, was es hier abzuholen galt. Einmal noch damit nach Hause fahren - bevor es diese Woche endgültig und ersatzlos verkauft wird.


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